HomeOffice-Tipp 1: Gleichstellung von betrieblichem und außerbetrieblichem Arbeitsplatz

Wenn eine Beschäftigte oder ein Beschäftigter mobil alternierend zuhause tätig sein will, sollten verschiedene Bedingungen erfüllt sein. Das Arbeiten zuhause muss auf klaren und transparenten Regelungen basieren. Diese Regelungen sollten am besten in einer Betriebsvereinbarung (Privatwirtschaft) oder in einer Dienstvereinbarung (öffentliche Verwaltung) zwischen Betriebs- bzw. Personalrat und dem Arbeitgeber verankert sein. Ein zentraler Kerngedanke ist dabei die Gleichstellung des betrieblichen und des außerbetrieblichen Arbeitsplatzes. Mit anderen Worten: Alle Regeln und sozialen Standards, die im Betrieb oder in der Verwaltung gelten, sind auch für den Arbeitsplatz zuhause einzuhalten.

So wie der Arbeitgeber den betrieblichen Arbeitsplatz mit Rechner, Monitor, Netzzugang etc. ausstattet, muss er dies ebenfalls für den Arbeitsplatz im HomeOffice tun. Die Arbeitszeitregelungen im Betrieb bzw. in der Verwaltung sowie die Erreichbarkeiten gelten am betrieblichen wie am außerbetrieblichen Arbeitsplatz identisch. Die gesetzlich festgelegte mindestens elfstündige Ruhezeit zwischen Arbeitsende am Abend und Arbeitsbeginn am nächsten Morgen muss eingehalten werden. Eine Erreichbarkeit der telearbeitenden Person für den Vorgesetzten um 23.00 Uhr ist unzulässig. Die Gehaltsregelungen, die Bedingungen des Datenschutzes gemäß der EU-DSGVO, der Datensicherheitsanforderungen, des Arbeitsschutzes, des Gesundheitsschutzes, des Mutterschutzes, der Prävention etc. gelten wie im Betrieb auch zuhause. Wenn im HomeOffice besonders sensible Personendaten oder besonders geschützte Daten bearbeitet werden sollen, kann der Arbeitgeber in diesem Sonderfall den heimischen Arbeitsplatz durch einen Sicherheitsbeauftragten vorab prüfen lassen.

„Mobiles Arbeiten“ bzw. „Alternierende Telearbeit“ bedeuten, dass es im Wochenverlauf eine vereinbarte zeitliche Aufteilung gibt, wann die telearbeitende Person im Betrieb bzw. in der Verwaltung ist und wann zuhause. Aus der Praxis der letzten Jahrzehnte hat sich eine Schlüsselerfahrung (best practice) ergeben: Die telearbeitende Person sollte mindestens zwei Tage im Betrieb bzw. in der Verwaltung sein. Ob der Aufenthalt im HomeOffice ein, zwei oder drei Tage pro Woche umfasst, ob der Zeitraum am Stück oder verteilt am Anfang oder am Ende der Woche liegt, regeln die TelearbeiterIn mit der vorgesetzten Person selbst. Dies stimmen sie mit Betriebsrat bzw. Personalrat ab. In Unternehmen und Verwaltungen mit einer hohen Vertrauenskultur legen die Akteure lediglich ein jeweiliges Zeitbudget fest. Sie überlassen die flexible Ausgestaltung der Person, die im HomeOffice arbeiten will. Damit erreichen die Telearbeitenden für sich eine hohe Zeitsouveränität. Wichtig ist aber: Arbeiten zuhause ist kein dauerhaftes ununterbrochenes HomeOffice. Jede/r sollte an zwei Tagen im Betrieb bzw. in der Verwaltung sein, um das Team-Gefühl stabil zu halten.

Lesetipp aus den neunziger Jahren: Welf Schröter: Globale Telearbeit und der Standort Deutschland. Häutungen der Telearbeit (1996). In: Welf Schröter: Auf dem Weg zu neuen Arbeitswelten. Impulse des Forum Soziale Technikgestaltung. 2007, S. 254–258. ISBN 3-89376-041-1.

 

Schon wieder digital? Was ist neu am Neuen? Was ist alt am Neuen?

Wie schon mehrfach beschrieben, lässt sich die seit Anfang der neunziger Jahre vollziehende Digitalisierung der Arbeitswelt in mehrere Stufen gliedern. Eine solche Gliederung hilft beim Verständnis.

Zunächst aber sollte man sich von der Marketing-Oberfläche der vermeintlich „digitalen Revolution“ trennen, die jährlich irgendwo in der Republik von nicht ausreichend informierten Zeitgenossen ausgerufen wird. Betrachtet man die digitalen Schlagwort-Wellen mit etwas nüchternem Abstand, fällt eine wiederkehrende Flachheit auf. Was Anfang der 90iger Jahre als „Informatisierung“ lief, trug Mitte der neunziger Jahre den Namen „Multimedia“. Dieser Bezeichnung folgte die „Electronic“-Welle mit E-Commerce, E-Business, E-Government, E-Working etc. Kaum weitere fünf Jahre später war alles „smart“: Smart Work, Smart Factory, Smart Government etc. Ein weiteres halbes Jahrzehnt danach schäumte die Vier-Null-Welle durch das Land: Industrie 4.0, Arbeit 4.0, Bildung 4.0, Verwaltung 4.0 etc. Derzeit ist alles „KI“, also „Künstliche Intelligenz“. Mit einer kleinen Portion Humor lässt sich prophezeiten, dass danach alles „Neuro“ sein wird. Am Horizont wartet dann schon der Marketing-Schlager „Organic“.

Auffallend aber ist, dass in der Regel inhaltlich fast immer dasselbe angeboten wird: Mobiles Arbeiten, Smartphones, elektronische Lernwege, Internet der Dinge, angereicherte Realität, kluge Brillen, Prozesssteuerungen etc. Die strukturellen Zielsetzungen („Alles hängt mit allem zusammen.“) haben sich nur wenig entfaltet, dafür ist die Marketing-Umrahmung umso intensiver. Die Basistechnologen für diese Themen sind in der Regel zehn, fünfzehn oder gar zwanzig Jahre alt. Diese Technologien werden nun an vielen Orten mit Updates und Upgrades sowie mit ergänzten grafischen Oberflächen als vermeintlich neu implementiert. Die Anwenderinnen und Anwender empfinden diese alten Lösungen subjektiv als neu. Mit den tatsächlichen Herausforderungen hat dies wenig zu tun. Für diese Implementierung älterer Techniklinien gibt es schon zahlreiche ältere Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die angepasst werden können.

Was aber ist wirklich neu? Wo ist derzeit technologisch „vorne“? Während im Forum Soziale Technikgestaltung die oben beschriebenen Abläufe eher als „nachholende Digitalisierung“ (Schröter) bezeichnet werden, lässt sich in einem bestimmten Teil der Software-Entwicklung der evolutionäre Bruch zum tatsächlich Neuen erkennen. Seit mindestens vier Jahrzehnten wächst die Zahl der software-technischen Werkzeuge. Ein wesentlicher großer Teil der bisherigen Software-Entwicklung ist im wohlwollend besten Sinne des Wortes „gute dumme Software“ (Schröter). Damit sind Werkzeuge gemeint, die sich durch ihren Gebrauch, ihre Anwendung nicht verändern (von immanenten Sicherheitsupdates und Antivirenimpulsen einmal abgesehen). Diese „gute dumme Software“ „lernt“ und „denkt“ nicht.

Teile der „Autonomen Software-Systeme“ (ASS) hingegen nehmen ständig neue Daten auf, „bewerten“ sie auf der Basis verankerter Spielregelanweisungen (Algorithmen) und kommen dadurch zu neuen Ergebnissen. Diese ASS verändern sich als Werkzeuge durch ihre Anwendungen. Die Gestaltung solcher sich selbstverändernder Werkzeuge benötigt eine andere soziale Gestaltungskompetenz als jene zur Formierung der „nachhaltigen Digitalisierung“ bzw. der „guten dummen Software“.

Diesen sich verändernden ASS wird nachgesagt, dass sie „lernen“, „denken“, „bewerten“, „entscheiden“ und „ausführen“. Natürlich denken und lernen sie nicht wirklich. Aber die darin enthaltende Mathematik ist so brillant, dass die Menschen vor dem Bildschirm sie als „denkend“ und „lernend“ empfinden. Auch hier sitzt – wie schon häufig erwähnt – das Problem vor dem Bildschirm.

Dieser Bruch, der dadurch charakterisiert wird, dass „Autonome Software-Systeme“ sich als Werkzeuge selbst verändern und dass die bisherige „Handlungsträgerschaft Mensch“ schrittweise zur „Handlungsträgerschaft ASS“ werden kann, bildet die soziale, ethische und technische Schlüsselherausforderung im aktuellen Verlauf der Digitalisierung. Wo dieser Bruch zu erkennen ist, ist vorne. Dort muss sich gewerkschaftliches Handeln bündeln und intervenieren.

 

Was bedeutet „internes Crowdsourcing“?

Seit längerem gibt es eine ausführliche Gestaltungsdebatte über das sogenannte „externe Crowdsourcing“. Darunter ist vorwiegend zu verstehen, dass Arbeitsinhalte in großen und kleinen Häppchen aus Unternehmen über elektronische Plattformen an sich bewerbende Soloselbstständige – auch Freelancer, Freie, Clickworker, Crowdworker genannt – nach draußen vergeben und verteilt werden. Die Bezahlung erfolgt pro Einzelauftrag. Für Sozialabgaben, Netzzugang, Technik, Gesundheit, Qualifizierung sind die Bewerber/innen selbst verantwortlich. Diese neue Arbeitswelt pendelt zwischen elektronischem prekärem Tagelöhnertum am Rande wettbewerblicher Plattformen und besser bezahlten qualifizierten Fachkräften, die ihre Arbeitskraft und Kompetenz teurer verkaufen können. Kern der Prozesse ist das Faktum, dass die so arbeitenden Menschen weder zum Betrieb noch zum Geltungsbereich der Mitbestimmung gehören.

Parallel dazu entfaltet sich derzeit – vor allem zunächst in großen Betrieben – ein neues Phänomen, das sich „internes Crowdsourcing“ nennt. Hierbei sollen Arbeitsprozesse innerhalb des Unternehmens über eine elektronische Plattform neu organisierbar werden. Alle Beteiligten gehören zum Unternehmen und alle Neuordnungen unterliegen in der Regel der Mitbestimmung des Betriebsrates. Mit diesem „internen Crowdsourcing“ wird derzeit in mehreren größeren Betrieben experimentiert.

„Internes Crowdsourcing“ erscheint an manchen Stellen zunächst als Fortführung des alten „Vorschlagswesens“ oder des internen Innovationsmanagements. Dabei sollen auf freiwilliger Basis neue innovative Ideen der Menge der Beschäftigten (crowd) per Plattform abgeschöpft (sourcing) werden. Bei guter mitbestimmter Organisation kann dieses freiwillige kreative Verfahren zu Verbesserungen, zu neuen Produkten und Dienstleistungen beitragen.

Zugleich kann dieser Weg in neue Plattformarbeitswelten auch zu einem verpflichtenden auftragsbezogenen Innovationsprozess führen. Per Direktionsrecht könnten Beschäftigte zu auftragsbezogenem „internen Crowdsourcing“ gedrängt werden. Man stelle sich einen Kundenauftrag vor, der zwar das Ziel anvisiert, aber den technischen Umsetzungsweg offen lässt. Flexible agile Teams sollen dann innerhalb des Unternehmens Wissen abschöpfen, um ergebnisorientiert neue Lösungen zu ermöglichen. Damit wäre „internes Crowdsourcing“ nicht mehr freiwillig und kreativ, sondern angeordnet und zeitlich orientiert.

Das „interne Crowdsourcing“ hat mehrere Gesichter. Sowohl die freiwillige Variante wie die verpflichtende Vorgehensweise sollten über mitbestimmte Betriebsvereinbarungen (BV) geregelt werden. Gut ausgehandelte BVs können mit Hilfe des „internen Crowdsourcing“ (IC) neue Bausteine hin zu einer möglichen Humanisierung der Arbeitswelten liefern. Ungeregelte „IC“-Einführungen öffnen die Tür zu einer neuen Runde der Flexibilisierung von Arbeitsorganisationen.

 

25 Eckpunkte für eine Betriebsvereinbarung „Kooperatives Changemanagement“

Manche selbstbewussten Betriebsräte diskutieren den Weg in Richtung „Arbeit 4.0“ doch recht kreativ und ungewöhnlich. Ein alter Gedanke erweist sich in neuer Umgebung als sehr attraktiv: Ein humaner, sozialer und nachhaltiger Weg in Richtung einer „digitalen Transformation“ der Arbeitswelten erfordert einen kooperativen Aushandlungsprozess auf gleicher Augenhöhe zwischen Betriebsrat und Unternehmensleitung. Wandel benötigt kooperatives Changemanagement.

Kooperatives Changemanagement braucht eine Betriebsvereinbarung mit Experimentierklausel. Zur wechselseitigen Vertrauensstärkung schließen Innovations- und Kooperationspartnerschaften eine gemeinsame, kooperative und prozessflexible Experimentier-Betriebsvereinbarung (BV) ab, die das Verfahren regelt. Wir müssen kompetent werden im vorausschauenden Handeln: Wir benötigen für CPS, ASS und Big Data kreative Ideen vorausschauender Arbeitsgestaltung und vorausschauender Technikgestaltung.

Als Ergebnis aus den gewerkschaftlichen „Werkstattgesprächen 2015-2016“ in Baden-Württemberg wurden Erfahrungen von Betriebsräten in einer neuen Weise betrachtet: In 25 Eckpunkten wurden Anforderungen und Kriterien für ein „kooperatives Changemanagement“ und für eine diesbezügliche Betriebsvereinbarung samt Experimentierklausel entworfen. In weiteren Gesprächen, Beratungen und Diskursen sollen diese Eckpunkte reifen und sich validieren.

Angelehnt an das gesetzliche Recht auf vorausschauenden Arbeitsschutz soll eine Strategie für eine vorausschauende Arbeitsgestaltung formuliert und per BV gestärkt werden.

Gibt es eine CPS-gesteuerte Mitbestimmungspraxis?

Der Einsatz von sogenannten „klugen Technologien“ verändert nicht nur den Arbeitsplatz des einzelnen Menschen. Die Verknüpfung von Gegenstand und Netz, von Materie und Virtualität hat das seit mehr als zehn Jahren existierende Internet der Dinge hervorgebracht. Was früher „Sensor-Chip am Gegenstand“ hieß und mit „Software-Agenten“ kombiniert wurde, nennt sich heute cyberphysische Systeme (Cyber Physical Systems CPS). Kein Zweifel die CPS-Anwendungen offenbaren noch große Potenziale für den Wandel der Arbeit. CPS wird dann noch schlagkräftiger, wenn sie mit „autonomen Software-Systemen“ (ASS) oder mit autonomen physischen Transportsystemen verknüpft werden.

Was aber können CPS und ASS für die Praxis im Betriebsrat bringen? Eine Gruppe von innovativen Betriebsräten sowie Kolleginnen und Kollegen aus dem Betriebsrätenetzwerk ZIMT und aus dem Forum Soziale Technikgestaltung waren mutig und kreativ. Sie drehte die Perspektive um. Nicht allein die Frage zählt, wie gestalten wir CPS und ASS in sozialer und humaner Hinsicht. Es lässt sich auch die Frage stellen, wie diese Technologien in der Alltagspraxis eines Betriebsrates selbst genutzt werden können. Gibt es eine CPS-gesteuerte Mitbestimmung? Gibt es eine ASS-gesteuerte Qualitätsprüfung der Einhaltung von mitbestimmten Inhalten aus Betriebsvereinbarungen?

In einem außergewöhnlichen Zukunftsworkshop anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Forum Soziale Technikgestaltung arbeitete sich die Gruppe buchstäblich in die Zukunft. Am Ende des ersten Teils waren sich die Beteiligten einig: Ja, wir sollten die neuen technischen Potenziale nicht nur als Teil der Arbeitswelt gestalten, wir sollten sie auch selbst im Betriebsrat anwenden. Mitbestimmung in Echzeit?

Die Einstiegsfragen lauteten: Welche betriebsübergreifenden Mitbestimmungsprozesse lassen sich identifizieren? Welche davon lassen sich durch den Einsatz von ASS bzw. CPS in kluger Weise automatisieren? Wie gelangt der Betriebsrat durch die Nutzung neuester selbstlernender Software in eine vergleichbare Informationsposition wie die Geschäftsleitung?

Die Ergebnisse waren selbst ermutigend. Im nächsten Zukunfts- und Innovationsworkshop werden die jetzigen Impulse vertieft, präzisiert und für eine Spezifizierung im Dialog mit IT-Teams für ein IT-gestütztes Plansimulationsspiel vorbereitet. Das Projekt „BetriebsratsArbeit auf Basis ,autonomer Software-Systeme‘“ (BABSSY) geht weiter.

Kontakt zu BABSSY: mailto:schroeter@talheimer.de

Studierende üben im Hochschulseminar die Praxis der Mitbestimmung im Betrieb

Es war ein Experiment und es ist gelungen! An der „Hochschule Aalen – Technik und Wirtschaft“ wurde in Kooperation mit dem Forum Soziale Technikgestaltung (FST) das Studienangebot „Technische Redaktion“ um ein Blockseminar erweitert, das Studierenden Praxiserfahrungen im Umgang mit Betriebsräten und Mitbestimmungsprozessen bei der Einführung neuer Technologien im Betrieb aufzeigen konnte. Vierzehn Studierende befassten sich in mehreren Terminen mit Fragen der betrieblichen Mitbestimmung, mit der Bedeutung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sowie mit dem Thema „digitale Transformation“ („Arbeit 4.0“). Vor allem sollte vermittelt werden, wie sich ein Betriebsratsgremium bei der Einführung bisher unbekannter Neuerungen verhält.

Welche Aufgaben hat es, worauf will es achten, wie drückt es seine Interessen aus? Ein langjähriger Betriebsrat eines Großunternehmens schilderte seinen einschlägigen Alltag. Am Ende des Seminars absolvierten die vierzehn Studierenden ein sozialpartnerschaftliches Planspiel als Prüfungsleistung. Dazu hatten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen der ihren zum Regieleiter gewählt. Er konzipierte entsprechend der Erkenntnisse aus dem Seminar ein Szenario, in dem ein Mitbestimmungsvorgang in verteilten Rollen und Interessen durch„gespielt“ werden konnte. In einem Unternehmen sollen humanoide Roboter eingeführt werden. Mit welchen Argumenten und Schachzügen schaffen es Geschäftsleitung und Betriebsrat schrittweise eine gemeinsame Betriebsvereinbarung zu erarbeiten, die den Beschäftigten ausreichenden Schutz bietet. Das knapp 90-minütige Planspiel wurde von den Studierenden selbstständig in verschiedenen Rollen „besetzt“: Geschäftsleitung, IT-Abteilung, Arbeitsschutzbeauftragte, Datenschutzbeauftragter, Betriebsrat und Beschäftigte traten vorbereitet auf und für ihre Rolleninteressen ein.

Auch im kommenden Sommersemester 2017 wird es in Zusammenarbeit mit dem FST für Studierende wieder ein Blockseminar zur Technikgestaltung und zur Rolle des Betriebsrates bei der Einführung neuer Technologien im Betrieb geben.

Gestaltung von CPS: Personalisierung oder/und Anonymisierung

Die von IG Metall und Forum Soziale Technikgestaltung mit Unterstützung des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums seit April 2015 durchgeführte Reihe „Werkstattgespräche 2015 – 2016: Zukunft der Arbeit – Gestaltungspotenziale für ,Industrie 4.0‘“ setzte und setzt sich unter anderem mit den Potenzialen, Chancen und Risiken der „Cyber Physical Systems“ (CPS) und deren Personalisierungsvariationen auseinander.

Zu den Herausforderungen gehört die Frage, ob für den erfolgreichen prozessorientierten Einsatz der CPS – innerhalb der Firmen oder auch über mehrere Unternehmen hinweg – die automatische Sammlung personenbezogener Daten durch diese autonomen Systeme zwingend erforderlich ist. Aus einem Forschungsinstitut heißt es, die Datensammlung in Echtzeit sei technisch unabwendbar. Das Forum Soziale Technikgestaltung forderte abweichend dazu stattdessen eine Anonymisierung personenbezogener Daten. Dies würde grundsätzlich einerseits die Sammlung der „indirekten“ und im Konfliktfall den arbeitenden Menschen zuordenbaren Daten ermöglichen, andererseits schaffe die Anonymisierung eine technische Schranke, um reguläre Profile im Alltag zu blockieren. Eine Betriebsvereinbarung könnte die Erfahrung aus elektronischen Blended-Learning-Plattformen in die CPS-Welt übertragen.

Beim elektronischen Lernen ermöglichen kluge Betriebsvereinbarungen das „Zweischlüsselmodell“: Nur wenn Betriebsrat und Geschäftsleitung gemeinsam der Auffassung sind, eine personenbezogene Datenspur müsse zum Schutz der Firma oder der Belegschaft überprüft werden, können die Daten entanonymisiert werden.

Anlässlich des jüngsten Forums „Gute Arbeit 4.0“ der „Werkstattreihe“ wurde die Geschäftsleitung eines großen württembergischen Werkzeugmaschinenherstellers gefragt, wie sie zur Sammlung personenbezogener Daten durch CPS stehe. Im ZDF-Heute-Journal erklärte das Unternehmen, dass es zur Anonymisierung von CPS bereit sei: „Das kann man alles anonymisieren. Das werden wir auch tun. Es ist niemals Ziel von ,Industrie 4.0‘, mehr Druck auf Mitarbeiter auszuüben.“

Es scheint, als ob ein Gestaltungsdialog greifbare und umsetzbare Fortschritte erbringen kann.