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Schlagwort: Cyber Valley

Lernen aus dem Widerspruch – Persönliche Erinnerungen an Oskar Negt – Von Welf Schröter

Posted on Februar 11, 2024 by Welf Schroeter

Sein Auftreten, sein gesprochenes Wort, seine leidenschaftliche Rede waren stets ein Erlebnis. Wer ihn kannte, wußte wie er sich am Redepult selbst in Schwung brachte. Wenn er bei energischem Fluß seiner fordernden Aussagen seine Jacke auszog, ohne den Mund vom Mikrophon zu nehmen, war klar, die verbale Steigerung stand kurz bevor. Der Wechsel von der Jacke zum Hemd glich einem heraufziehenden Transparent. Nun betrat die Spannung von Widerspruch und Aufhebung fast greifbar den Raum. Ihm genügte das Widersprechen nicht. Die Geste der einfachen Infragestellung des Bestehenden, die Negation, war ihm sichtlich zu wenig. Er wollte nicht nur kritisches Bewusstsein gegen etwas Vorhandenes schärfen. Er wollte zugleich ein kreatives Denken, das Neues schafft, das sich an die Stelle des Abgelehnten stellt. Sein schöpferisches Wollen war die Negation der Negation. Nicht nur gegen etwas die Stimme zu erheben, sondern sich demokratisch für gesellschaftliche Emanzipation einzusetzen, das entsprach seiner Grundhaltung.

So habe ich Oskar Negt vor Jahrzehnten persönlich kennengelernt und mehrfach mit ihm zusammengearbeitet. Sein wissenschaftliches und politisches Werk ist geprägt von der produktiven Auseinandersetzung mit der „Kritischen Theorie“ der „Frankfurter Schule“ und mit der Philosophie Ernst Blochs. Negt griff auch die Impulse der Protestbewegungen der späten sechziger Jahre auf und arbeitete sie in neue Konzepte des Lernens und des gesellschaftlichen Handelns ein. Denkerisch ging er der damaligen „Außerparlamentarischen Opposition“ von 1967/68 sogar schon voraus. So schrieb er über eines seiner eigenen Schlüsselwerke: „,Soziologische Phantasie und exemplarisches Lernen‘ ist vor jener Zeit entstanden, in der nach jahrzehntelanger Stagnation zum ersten Mal produktive Ansätze für die grundlegende Veränderung des Bildungssystems, vor allem von den Protestbewegungen entwickelt wurden, und trägt alle Züge eines Programms, das nach neuen Orientierungen in einer politischen Umbruchphase sucht.“

Oskar Negt war prominenter Soziologe, eigenständiger Sozialphilosoph und kritischer Freund der Gewerkschaften. Seine gesellschaftsanalytischen Ansätze konzentrierten sich auf das Verstehen des Faktors Arbeit und dessen Wandel sowie dessen notwendiger Gestaltung. Er akzentuierte insbesondere neue Wege des offenen, problemorientierten Lernens sowie der Erforschung des eminent wichtigen Feldes der Erfahrung und des Erfahrungswissens. Der „Negtsche Erfahrungsansatz“, wie er schlagwortartig kommuniziert wurde, stand maßgeblich Pate für die Gründung des Personennetzwerkes „Forum Soziale Technikgestaltung“ im Oktober 1991. Die Idee, ein horizontales Erfahrungsnetzwerk mit Gestaltungsabsicht ergänzend zu einem faktisch vertikalen Gewerkschaftsaufbau ins Leben zu rufen, wäre ohne Oskar Negts Grundlegungen nicht konzipierbar gewesen.

Wie aktuell sich Oskar Negts Impulse gerade heute in der angeblich ganz neuen Debatte über die „Künstliche Intelligenz“ zeigen, offenbart ein Blick zurück. Es war eine der Großveranstaltungen zum Thema Technikgestaltung, die ich planen und vorbereiten durfte. Auf Einladung der Parteien SPD, FDP und Grüne sowie von Gewerkschaften kam es zu einem bemerkenswerten Rededuell. Der einst führende Kopf des Max-Planck-Institutes für Biologische Kybernetik Tübingen (heute Cyber Valley), Prof. Valentin Braitenberg, ergriff im Plenarsaal des Landtages das Wort, um die Potenziale der „Künstlichen Intelligenz“ darzulegen. Braitenberg hatte zuvor erläutert, dass sein Motiv für diese Forschungen gerade auch in der Würdigung jener Menschen liege, die sich während des Zweiten Weltkrieges gegen den Nationalsozialismus und gegen Antisemitismus engagierten. Als kritische Technik-Gegenrede zu Braitenberg trat Prof. Oskar Negt von der Universität Hannover an. Es war ein Rededuell mit ungewöhnlich intensivem, wechselseitigem, persönlichem Respekt. Zugleich wurden die fachlichen Differenzen deutlich. Auf der einen Seite die entwickelten Methoden der mathematischen Messungen und Vermessungen des Formellen, auf der anderen Seite das Hervorheben der Erfahrung und des erfahrenden, informellen Lernens, das sich nicht mathematisieren lässt. Eine interdisziplinäre Kontroverse auf hohem qualitativen Niveau und zugleich andauernden Differenzen. Am Ende hatten beide ihre Jacken ausgezogen. Aus heutiger Perspektive, die von manchem wenig kundigem Chat-GPT-Anhänger gerne als „völlig neu“ skizziert wird, ist der Verweis auf die Jahreszahl relevant: Das aufklärende Rededuell fand im Jahr 1988 statt. Vor 36 Jahren.

Oskar Negts Erfahrungsansatz wurde Bestandteil von mehr als dreißig Jahren Tätigkeit des „Forum Soziale Technikgestaltung“ (FST). Gerade in der jüngsten Zeit hat das FST mit seinem Vorhaben „Der mitbestimmte Algorithmus“ unterstrichen, dass für eine erfolgreiche soziale Gestaltung algorithmischer Steuerungs- und Entscheidungssysteme (die sogenannte „Künstliche Intelligenz“) die Aufwertung des Erfahrungswissens unabdingbar ist. Aus FST-Sicht muss das Erfahrungswissen (Arbeitsprozesswissen) der Kolleginnen und Kollegen auf dieselbe Augenhöhe gestellt werden wie das Fach- und Sachwissen der IT-Teams. Zu diesem Zweck wurde im FST das Format „Moderierter Spezifikationsdialog“ entworfen. Dieser Dialog bildet den Ort und den Zeitpunkt für die Gestaltung dieser Technologien vor(!) der Beschaffung und vor(!) deren Einführung (Implementierung). Ein Modell, das von klugen IT-Teams aus Eigeninteresse außerordentlich begrüßt wird.

Ende der neunziger Jahre sandte uns Oskar Negt zur Veröffentlichung im Diskurs „Arbeitswelt trifft Philosophie – Philosophie trifft Arbeitswelt“ einen Beitrag mit dem Titel „Für eine Ökonomie des ganzen Hauses“. Dieser Text aus dem Jahr 1998, der den Begriff „Zeit“ ins Zentrum rückt und mit dem er an die gewerkschaftliche Veranstaltungsreihe „Zeitakademie“ in Stuttgart anschließt, endet mit einer positiven Perspektive: „Nur wenn die von drückender Erwerbsarbeit freigesetzte Lebenszeit einen eigenen, autonomen Gestaltungsraum findet, also wesentlich Emanzipations- und Orientierungszeit ist, werden die Menschen das bestimmte Gefühl haben können, nicht bloßer Verwertungsrohstoff auf anderen Feldern zu sein. Das setzte voraus, daß Kreativität, Eigeninitiative, Unbotmäßikeit und Mußefähigkeit von Kindesbeinen an maßgebende Werte der Erziehung, des Bildens und des Lernens sind. Davon sind wir weit entfernt. Aber viele Schritte führen in die Richtung einer solchen Gesellschaftsreform, die nach meiner Einschätzung einzig und allein aus der gegenwärtigen Kulturkrise Auswege zeigen könnte.“

Oskar Negt wird uns allen fehlen.

(Ein persönlicher Beitrag von Welf Schröter, 11. Februar 2024)

Posted in Allgemein | Tagged Arbeitswelt Cyber Valley Erfahrungswissen Ernst Bloch Exemplarisches Lernen Forum Soziale Technikgestaltung Moderierter Spezifikationsdialog Oskar Negt sogenannte "Künstliche IntelligenZ Valentin Braitenberg | Leave a comment

Einladung zum Fachworkshop: Ethische und soziale Kriterien zur Gestaltung algorithmischer Steuerungs- und Entscheidungssysteme

Posted on August 25, 2021 by Welf Schroeter

Ein Dialog zwischen dem „Forum Soziale Technikgestaltung“ (FST), dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und Cyber Valley anlässlich „Dreißig Jahre Forum Soziale Technikgestaltung“

Workshop am 27. Oktober 2021 von 14.30 Uhr bis 18.45 Uhr in den Räumen des Fraunhofer IAO in Stuttgart-Vaihingen

Seit langem arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an mathematisch-technischen Systemen, die die Arbeit des Menschen auf sogenannte „intelligente“ Weise effizienter gestalten und erleichtern sollen. Dabei entstehen auf der Basis von Maschinellem Lernen auch vielfältige Modelle oder Systeme, die unter dem Begriff „Künstliche Intelligenz“ zusammengefasst werden. Im Kern geht es dabei oft um die Frage, wie komplexe Analyseprozesse auf ein digitales algorithmisches System übertragen werden können und nach welchen mathematisierbaren Kriterien diese (Assistenz-)Systeme Entscheidungen treffen sollen.

Das gewerkschaftliche „Forum Soziale Technikgestaltung“ befasst sich seit dreißig Jahren mit der Humanisierung digital gestützter Arbeitswelten. Seit mehreren Jahren entwickelt das FST Kriterien zur Gestaltung algorithmischer Steuerungs- und Entscheidungssysteme. In dem Dialog-Fachworkshop soll der bisherige Stand der FST-Kriterien zur Diskussion gestellt und weiterentwickelt werden. Das FST spricht in Ergänzung zum Begriff „Assistenztechnik“ von der notwendigen Gestaltung der „Delegationstechnik“.

Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO entwickelt gemeinsam mit Unternehmen, Institutionen und Einrichtungen der öffentlichen Hand Strategien, Geschäftsmodelle und Lösungen für die digitale Transformation. Es ist mitverantwortlich für das KI-Fortschrittszentrum »Lernende Systeme«, das durch Technologietransfer die Lücke zwischen KI-Spitzenforschung und der breiten Anwendung in der produzierenden Industrie schließt.

Cyber Valley ist Europas größtes Forschungskonsortium im Bereich der künstlichen Intelligenz mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie. Das Land Baden-Württemberg, die Max-Planck-Gesellschaft mit dem Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme, die Universitäten Stuttgart und Tübingen sind u.a. die Gründungspartner dieser Initiative. Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO ist assoziiert mit Cyber Valley.

Ablauf

14.30 Uhr Begrüßung und Einführung
Ziele des Dialog-Workshops
Welf Schröter, Leiter des Forum Soziale Technikgestaltung beim DGB Baden-Württemberg
Dr. Matthias Tröndle, Cyber Valley, General Manager

14.45 Uhr Vortrag I
Ethische Anforderungen an die Gestaltung von KI-Technologien
PD Dr. Jessica Heesen, Forschungsschwerpunkt Medienethik und Informationstechnik (Leitung), Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften, Universität Tübingen

15.15 Uhr Rückfragen

15.30 Uhr Vortrag II
Soziale Kriterien für die Gestaltung algorithmischer Steuerungs- und Entscheidungssysteme zwischen Assistenz- und Delegationstechnik
Welf Schröter, Leiter des „Forum Soziale Technikgestaltung“, Mitbegründer der „Allianz Industrie 4.0 Baden-Württemberg“

16.00 Uhr Rückfragen

16.15 Uhr Kaffeepause

16.40 Uhr Vortrag III
Anforderungen an die Entwicklung von KI-Systemen
Dr. Matthias Peissner, Leiter Forschungsbereich Mensch-Technik-Interaktion, Fraunhofer IAO, Partner im Cyber Valley

17.10 Uhr Nachfragen

17.25 Uhr Vortrag IV
Die Gestaltung von KI-Systemen aus betriebsrätlicher Perspektive
Monika Heim, Festo SE & Co. KG, Betriebsrat Esslingen

17.55 Rückfragen

18.10 Uhr Moderierte Plenumsdiskussion der Vortragenden und Teilnehmenden
Moderation: Patrick Klügel, Cyber Valley, Public Engagement Manager

18.45 Uhr Ende der Veranstaltung

Eintritt frei. Anmeldung erforderlich bei: Welf Schröter schroeter@talheimer.de

 

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Neu denken heißt interdisziplinär denken

Posted on April 4, 2018 by Welf Schroeter

Die zahlreichen Veranstaltungen zum Thema „Wirtschaft 4.0“, „Industrie 4.0“ oder „Arbeit 4.0“ zeigen in den meisten Fällen eine nicht unerwartete Gemeinsamkeit: Es ist das technikorientierte und oft technikzentrierte Denken. Mehr als dreißig Jahre Technikfolgenforschung und Technikfolgenabschätzung haben dagegen gezeigt, dass es in der Arbeits- und Wirtschaftswelt nichts gibt, das nur aus einem einzigen Blickwinkel heraus erklärbar ist. Diesem monokausalen Denken sollte ein Denken in Ganzheitlichkeit gegenüber gestellt werden. Auch viele gewerkschaftliche Diskurse stellen sich in diesem Sinne als noch zu eng angelegt dar.

Das Bedürfnis von Kolleginnen und Kollegen, etwas konkret Fassbares, etwas sinnlich Greifbares im Zusammenhang mit der digitalen Transformation geschildert zu bekommen, verleitet Vortragende zu einer allzu schnellen Flucht in die Technik. Technikzentriertes Denken aber ist altes Denken. Nicht die Technik stellt den Faktor von Innovationen dar, sondern die nichttechnischen Einflussgrößen entscheiden über Erfolg oder Misserfolg von Technikimplementierungen in Wirtschaft und Arbeitswelt.

Wer neu denken möchte, muss sich öffnen hin zu weiteren Aspekten und Gesichtspunkten des Wandels. Interessengeleitete Technikgestaltung benötigt die Blicke auf soziale Standards, auf Sozialpsychologie, auf Soziologie, auf Bildungswissenschaften, auf Arbeitsmedizin, auf Ethik, auf Gleichberechtigung, auf Demokratie und auf Philosophie. Wer nur über Technik reden kann, hat die Dimension des Wandels nicht verstanden.

Vor diesem Hintergrund ist die jüngste Rede des französischen Präsidenten Emmanuel Macron bemerkenswert. In seinem Statement zur französischen Strategie der verstärkten Entwicklung und Anwendung von „Künstlicher Intelligenz“ (KI) fordert er eine neue Perspektive für den KI-Aufbau. Macron will den interdisziplinären Ansatz als Basis der KI-Entwicklung unter aktiver Einbeziehung von Mathematik, Sozialwissenschaften, Technikwissenschaften und Philosophie.

In seinem Interview mit der Zeitschrift WIRED vom 31. März 2018 erläuterte er: „I want my country to be the place where this new perspective on AI is built, on the basis of interdisciplinarity: this means crossing maths, social sciences, technology, and philosophy. That’s absolutely critical. Because at one point in time, if you don’t frame these innovations from the start, a worst-case scenario will force you to deal with this debate down the line.“ Macron spricht sich für eine ethische und philosophische Gestaltung der KI-Entwicklung aus. D’accord!

Sascha Lobo hat in SPIEGEL Online Recht, wenn er von der Bundesregierung erwartet, sie möge sich an Macron in diesem Punkt ein Beispiel nehmen. Doch auch das baden-württembergische Projekt des „Cyber Valley“ zur KI-Forschung benötigt dringend zumindest eine Macron‘sche Interdisziplinarität.

 

Posted in Allgemein | Tagged Arbeit 4.0 Cyber Valley Digitale Transformation Gleichberechtigung Industrie 4.0 Interdisziplinarität Künstliche Intelligenz Macron Philosophie Technikfolgenabschätzung Technikfolgenforschung Technikgestaltung | Leave a comment
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