„Betriebslandkarte Industrie und Arbeit 4.0“ für Betriebsräte

Um Herausforderungen und Szenarien zur Gestaltung künftiger Arbeit zu erfassen und anzugehen, haben Kolleginnen und Kollegen in NRW die „Arbeit 2020 – Betriebslandkarte“ entwickelt. Sie unterstützt die Bestandsaufnahme grundlegender Veränderungen im Betrieb. Sie ermöglicht die gezielte Orientierung, wo sich Handlungsbedarf abzeichnet.

Industrie 4.0 steht für eine vernetzte und digitalisierte Produktion: Teile, Maschinen, Beschäftigte und Kunden kommunizieren unablässig miteinander und steuern sich gegenseitig. Wie aber wirken diese Veränderungen auf die Beschäftigten? Welche Gestaltungsoptionen haben sie: für bessere Arbeitsprozesse, Tätigkeitsprofile, Qualifikationsentwicklungen, Belastungsbedingungen? Welche Risiken sind wie zu mindern? Betriebsräte, die ihren Einfluss wahrnehmen wollen, brauchen einen guten Überblick. Hält Industrie 4.0 in ihrem Betrieb Einzug? Wenn ja, wo und in welchem Maße? Mit welchen Auswirkungen auf die Anzahl und Qualität der Arbeitsplätze?

Mit der »Betriebslandkarte Industrie und Arbeit 4.0« steht nun ein bildhaftes Instrument zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Entwickelt wurde die Karte durch die IG Metall-Bezirksleitung NRW sowie durch die Beratungsfirma Sustain Consult. Eingesetzt wird sie bisher in acht Betrieben, die allesamt dem Spitzencluster »it`s OWL« (Intelligente Technische Systeme Ostwestfalen-Lippe) angehören.

Für jeden Funktionsbereich lässt sich über farbliche Abstufungen auf der Karte zeigen, welcher Grad an Vernetzung und Selbststeuerung in den Unternehmensprozessen bereits besteht. Durch Mitwirkung aller Betriebsräte und Vertrauensleute kann ermittelt werden, ob Arbeitsplätze in der jeweiligen Abteilung dabei auf- oder abgebaut werden, ob eine höhere oder geringere Qualifikation erforderlich wird und ob Stress oder aber eine Entlastung zu erwarten sind.

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Auf dem Weg zur „Ultraeffizienzfabrik“?

Ein neuer Begriff für ein altes Thema? Ein aktuelles Zauberwort für das langwellige Feld der Nachhaltigkeit? – In der jüngsten Vergangenheit kursierten die Schlagworte „Kreislaufwirtschaft“ und „Cradle-to-Cradle“ („Von der Wiege wieder zur Wiege“). Mit ihnen verband sich das Ziel, schon bei der Planung von Produkten ihre spätere Wiederverarbeitung (Recycling) nach ihrer Nutzungszeit mitzudenken. Optimal erschien es, wenn die Wiederverwertung von Materialien möglichst vollständig gelänge.

Das aktuelle Konzept der „Ultraeffizienzfabrik“ greift die Erbschaft der bisherigen Diskussion über Nachhaltigkeit (Sustainability) auf und verknüpft sie mit den Potenzialen von „Industrie 4.0“. Mit Hilfe der Digitalisierung und Virtualisierung soll die Möglichkeit von Material- und Energieeffizienzen verbessert und die Tür zur deutlichen Verringerung des CO2-Ausstoßes und zur Kostensenkung noch erfolgreicher geöffnet werden. Ziel ist es, dass es keine Produktionsemissionen, keine Produktabfälle und keine Recyclingreste mehr geben solle. So könnte „Industrie 4.0“ mit dem Zwei-Grad-Ziel des globalen Klimaschutzes verbunden werden.

Hierin läge eine Chance für Betriebsräte und Gewerkschaften, den digitalen Wandel der Arbeit mit der Neuschaffung von umweltschonender Beschäftigung sowie zukunftsweisender industrieller Produktion zu kombinieren. Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), das die Idee der „Ultraeffizienzfabrik“ maßgeblich verbreitet, sieht darin zudem auch einen Weg zur „mitarbeiterzentrierten Fabrik“.

Mehr als hilfreich wäre dabei allerdings eine Erweiterung der Mitbestimmung im Sinne von „Mitbestimmung 4.0“, damit die erreichten Effizienzrenditen im Betrieb investiert werden und wirklich in neue Arbeitsplätze fließen.